Foto Johann Gruen

Konzeption Zum Kollektiv – SCHub Camp Report

Ein verregnetes Wochenende im November. An den Fenstern der reetgedeckten Bauernhäuser flattern gelbe Anti-Atomkraft Flaggen im Wind. Der Geruch frischen Kuhdungs liegt in der Luft, irgendwo in einer dunklen Ecke jault ein einsamer Wolf. In dem 46-Seelen-Dorf sind die Bürgersteige längst hochgeklappt. Pisselberg im Landkreis Lüchow-Dannenberg.

Am menschenleeren Bahnhof des Dorfes hält der Bus mit der Nummer 5304. Die Türen öffnen sich langsam – dieses Wochenende wird Pisselberg nicht mehr zur Ruhe kommen.

Hier sind wir also, zu siebt ausgesandt, um uns ein Wochenende lang über die Perspektiven von Zum Kollektiv auszutauschen und Gedanken zu machen.
Mit welchem Selbstverständnis wollen wir in die Zukunft blicken? Wie können wir neuen Mitgliedern Raum und Zeit für ihre Ideen geben? Und wer genau ist eigentlich Zum Kollektiv? Wie können wir Verantwortlichkeiten verbindlich gestalten und trotzdem eine Plattform bleiben, auf der sich jeder auf seine Art und Weise einbringen kann?

Besonders in der Zeit, die wir mit Euch im Scharffschen Haus verbracht haben und die uns sowohl hat über uns hinaus wachsen lassen, als auch an unsere Grenzen gebracht hat, wurden diese Fragen immer dringlicher.
Dank der vielen Stimmen, die wir von Euch bekommen haben, gab uns das SCHub Camp drei Tage lang die Möglichkeit intensiv gemeinsam und im Austausch mit Praxispartnern, an diesen Fragen zu arbeiten.

Mit welchem Selbstverständnis wollen wir in die Zukunft blicken?

Zum Kollektiv anhand der Veranstaltungen, die wir im vergangenen Jahr organisiert haben, auf einen Nenner zu bringen, fällt niemanden von uns leicht. Neben all den wertvollen Erfahrungen, großartigen Momenten und wichtigen Begegnungen mussten wir uns am Ende des Jahres eingestehen, dass wir den roten Faden, mit dem wir Zum Kollektiv einen Namen geben wollten zwischen all dem bunten Scheinwerferlicht manchmal aus dem Blick verloren hatten.

Nach stundenlangen hitzigen Diskussionen neben dem warmen Kamin des Bauernhauses Carnap und mit großartiger Hilfe von Harald Habermann, der ehrenamtlich bei Heldenrat e.V. tätig ist, stellte sich heraus, dass wir doch alle das Selbe erreichen wollten: Spannende, aber reflektierte und strukturierte Projekte.

Mit einem Kriterienkatalog einigten wir uns auf zentrale Werte für Zum Kollektiv e.V.

  • Gesellschaftliche Relevanz
  • Ökologische Nachhaltigkeit
  • Soziale Nachhaltigkeit
  • Die Achtung finanzieller und personeller Ressourcen
  • Zielgruppendiversität
  • Vernetzung von Akteuren und Initiativen
  • Vergnügen
  • Kultureller Mehrwert aus Sicht Lüneburgs
  • Öffentliche Wirkung
  • Lerneffekt

Und wer genau ist eigentlich Zum Kollektiv? Wie können wir Verantwortlichkeiten verbindlich gestalten und trotzdem eine Plattform bleiben, auf der sich jeder auf seine Art und Weise einbringen kann?

So sehr wir zu diesem Zeitpunkt schon in der inhaltlichen Diskussion drin steckten, so schwierig war es trotzdem anhand der erarbeiteten Kriterien ein klares, strukturelles Selbstbild zu formulieren.

Als geschlossener Verein zu gelten, in dem es in der Außenwirkung schwer scheinen könnte, Fuß zu fassen, war nie unsere Absicht. Trotzdem fiel es uns mit zunehmender Komplexität der Veranstaltungen schwer, neben festem Commitment auch kleinere und zeitlich begrenzte Unterstützung als das zu nehmen, was sie ist – nämlich vor allem eine wertvolle Bereicherung. Wann ist man ein ZuKo-Mitglied? Lange haben wir an diesem Stein auf unserem Weg herumgedoktert und eigentlich brauchte es nur ein wenig Unterstützung von Sascha Wolff, um einfach an ihm vorbei zu gehen.

ZuKo ist, was du machst! Das war die einfache Formel, die uns die Augen öffnete. Es geht nicht darum, wer am meisten Zeit und Kraft in den Verein investiert, es geht nicht darum möglichst immer beim wöchentlichen Treffen anwesend oder die meisten Schichten an der Bar zu schieben. ZuKo ist, was du machst und nicht der Mitgliedsgedanke zählt, sondern das, was jeder Einzelne für sich und für Andere realisiert. Ob es nun Hilfe beim Verteilen von Flyern ist, ein geliehener Akku- Schrauber oder die Idee zu einer tollen neuen Veranstaltung – ZuKo soll das Dach eines Hauses bieten, in dem jeder Raum Platz lässt für eigene Ideen und Visionen, ohne dass dabei für irgendwen die Tür verschlossen bleibt.

Der Zum Kollektiv e.V. ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, an den vielen großartigen Helfern und vor allem an sich selbst. Mit jeder Veranstaltung, mit jedem Projekt wuchsen die Begeisterung der Beteiligten und so auch die Anzahl neuer Ideen. Doch genauso wuchs in einigen Teilen auch die Sorge, den Zielen und Leitideen des Vereins nicht weiterhin gerecht werden zu können.

Das SCHub-Camp hat uns mit neuen und alten Fragen konfrontiert, hat uns durch die Unterstützung der Praxispartner und der anderen Teilnehmenden neue Perspektiven geschenkt und uns vor allem das Vertrauen darauf zurück gebracht, dass Zum Kollektiv von denjenigen lebt, die sich nach ihren Möglichkeiten engagieren und einsetzen.

Zum Kollektiv lebt von Euren Ideen, Eurem Engagement und der Begeisterung jedes Einzelnen sich für die kreative Vernetzung unserer Stadt einzusetzen. Wir freuen uns deshalb auch in Zukunft über jedes neue Gesicht, denn wir sind uns sicher: In Lüneburg verstecken sich noch viele kreative Köpfe, Utopisten und Träumer – und wir wollen die Plattform bieten, auf der sie alle zusammenkommen.

Pisselberg im Kreis Lüchow-Dannenberg. Mit hochroten Köpfen und am Rande der Erschöpfung, verlassen wir dieses Kleinod der Kreativität und steigen in den Metronom gen Heimat – im Gepäck vieles, was es zu berichten gilt und vor allem neue Kraft und Motivation für alles, was kommt.

Wir danken SCHub und allen Teilnehmern und Praxispartnern für diese großartigen und intensiven Tage, für spannende Begegnungen und vor allem viele neue Perspektiven.

Foto: Johann Gruen

1 Antwort
  1. Michael Dörfler
    Michael Dörfler says:

    Wertes Kollektiv,
    das klingt gut, ich glaube, Eure Coaches haben Euch mehr geholfen als ich es gekonnt hätte.
    Ich finde es großartig, dass Ihr Euch nicht zu viel mit Eurem Verein und stattdessen mehr mit Euren Projekten identifizieren wollt. Viel Glück weiterhin damit und schönen Gruß aus Berlin von Michael

    Antworten

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